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Bäckerei
Bereits vor 8000 Jahren wurde Getreide gemahlen und zu Fladen verarbeitet. Um 2500 v. Ch. war den Ägyptern der Sauerteig bekannt und sie stellten wenigstens 16 Brotsorten her. Im ersten Jahrtausend nach Christus war Brot auch in Deutschland bekannt und wurde von Leibeigenen in Städten und Klöstern hergestellt. Als Nahrungsmittel für die breite Bevölkerung spielte Brot erst im Spätmittelalter eine Rolle. Da Backen zu teuer war, begnügte man sich mit Brei. Ab dem 12. Jh. gelang es den Zünften sich politisch durchzusetzen und den Wettbewerb zu regeln. Sie sorgten für das nötige Arbeitsmaterial, regelten die Ausbildung und legten Qualitätsnormen fest. Die Bevölkerung aß dunkles Brot, helle Brote leistete sich nur die reiche Bevölkerungsschicht.1
Vermutlich waren die Sierndorfer Bäcker Mitglieder der Stockerauer Bäckerzunft, Hinweise darauf sind bisher jedoch nicht bekannt. Da die ortsansässigen Bäcker in Sierndorf nur dunkle Brotsorten herstellten, finden sich Ende des 17. Jh. zwei herrschaftliche Pfisterinnen, welche das Feingebäck für den herrschaftlichen Tisch zubereiteten. Wilhelm v. Zelking teilte in seiner 1541 erstellten Ertragsschätzung mit, dass er die Hofmühle meist mit einem „Pfister“ besetzt und die Mühle, damit auch der Bäcker, nur für den Eigenbedarf Verwendung fanden.2 Erst Johannes Franziskus Würth bezeichnete sich ab 1721 auch als „Weiß-bökh“.
In den im Jahre 1648 begonnenen Matriken der Pfarre Sierndorf ist aus einem Nachtrag ersichtlich, dass am 23. Jänner 1640 dem Marktrichter Johannes Jacob Würth (Wirt) ein Sohn gleichen Namens getauft wurde. Johannes Jacob Würth ist der erste, dokumentierte Bäcker im Ort und Großvater des im 18. Jahrhundert erfolgreichen Goldschmiedes Johann Josef Würth.3
Die Bäckerei bestand vermutlich seit langem, in Dokumenten ist das jedoch nicht nachvollziehbar.
Nach einem Inserat von 17924 handelte es sich um ein radiziertes, an das Haus gebundenes Gewerbe. Wie bei den Mühlen, waren die Untertanen der Herrschaften gezwungen, bei den vorgegebenen, herrschaftlichen Bäckereien, ihre in „Simperln“ selbst hergestellten Brote backen zu lassen. Durch den fehlenden Wettbewerb konnten höhere Einnahmen erzielt werden, die über die meist hohen Pachtgebühren das Einkommen der Herrschaften aufbesserten. Der „Bäckerbann“ bestand bis 1789. Aus Zeitungsanzeigen des 18. Jahrhunderts geht hervor, dass Pachtverträge für Haus und Gewerbe für jeweils drei bis sechs Jahre abgeschlossen wurden. 1779 wurde Joseph Tullner erlaubt, auf der Gemeindeweide, hinter seinem Haus, einen Keller zu graben, wofür er und in der Folge jeder neue Besitzer, einmalig der Gemeinde einen Eimer Wein und zwei Hauslaibe Brot zu entrichten hat. 1835 wird in einer weiteren Anzeige auf die durchführende Prager Reichsstraße und umliegende, zur Brotabnahme zugeteilte Ortschaften hingewiesen, anscheinend wurden Wege gefunden, die Abnahmeverpflichtungen aufrecht zu halten. Damals gehörten zur Bäckerei Äcker und Weingärten im Ausmaß von 24 Joch und 667 Quadratklafter.5 Wurde 1792 die Bewilligung der Herrschaftskanzlei zur Verpachtung genannt, bot 1835 der Eigentümer den „Verkauf aus freier Hand“ unter der Adresse der Bäckerei an. 1847 bot der Hofwirt Anton Schiegl, als Eigentümer der Bäckergewerberechtes, die mehrjährige Verpachtung oder den Verkauf der Bäckerei an. Er berief sich neuerlich auf das radizierte Gewerbe und das „nach dem Brande neu und solide aufgebaute Haus“.6
Mehrere Brände im Markt trafen die Bäckerei. Vom 9. Oktober 1676, wird berichtet, dass eine Feuersbrunst nur wenige Häuser verschonte. Beim Durchmarsch der Franzosen 1809 legten Plünderer im Haus Schulstraße 8 Feuer, die gesamte Häuserzeile von der Schulstraße 12 bis zum Amtshaus und von der Wienerstraße 3 bis zur Hofmühle, Schlossstraße 16, brannten ab. Durch ein zündeltes ein Mädchen brannte 1846 die Häuserzeile von Schulstraße 13 bis zur Schmiede in der Pragerstraße 8 und von Schulstraße 6 bis zum Amtshaus Pragerstraße 13 innerhalb einer Dreiviertelstunde nieder.7
Über eine weitere Neuerrichtung berichtet Pfarrer Allert in der Geschichte der Pfarre. Von Ostern 1962 bis zum 20. September verlegte der Bäcker Rudolf Steinhacker wegen Neubaus des Geschäftes die Bäckerei in das Pfarrheim. Mit der Übernahme durch die Bäckerei Angenbauer endete das Jahrhunderte alte Gewerbe, die Backwaren werden heute aus Guntersdorf geliefert.
Aus den Matriken der Pfarre:
Die angeführten Daten geben das Erscheinen in Dokumenten, nicht die reale Dauer des Besitzes wieder! Die Angaben sind mit Eintragungen im Fassions und Gedenkbuch der Marktgemeinde ergänzt. Diese dürften um 1880, nachträglich angelegt worden sein und weichen in einigen Fällen von den Eintragungen der Pfarrmatriken ab. Wertangaben sind ausschließlich dem Fassions–Buch entnommen. Gelegentlich kommt es zu Überschneidungen, welche nicht nachvollzogen werden konnten.
Reihenfolge der Bäcker:
1666 – 1678 Würth, Johannes Jacob +10.11.1678,
°°: Elisabeth +13.10.1666
Würth, Johannes Jacob *23.01.1640,
°°: Maria
1686 – 1705 Würth, Hainrich *16.02.1651, +24.05.1705.
°°: Anna Maria
1668 Veicht Simon,
°°: 05.02.1668, Margaretha, geb. Nußböckh,
Pfisterin bei hiesiger Herrschaft
1699 Eisenberger, Leonhard, Hofbinder
°°: 30.08.1699 Elisabetha Brunerin, Pfisterin
(vermutlich „Herrschaftsbäckerin“).
1708 – 1711 Rüzinger, Johannes *1664, +27.05.1726 Bökh aus Eferding.
°°: 11.09.1708, Anna Maria Würth, Wittib des Hainrich Würth.
– 1715 Würth, Martin *05.11.1679, +20.07.1715, Bekh
°°: 08.01.1715, Maria Regina Stiglmayrin aus Hausleuthen,
1715 – 1720 Hauer, Hans Georg Bökh aus Stockerau
°°: 19.11.1715, (Maria) Regina Würthin, Wittib.
1721 – 1763 Würth, Johannes Franciscus (Franz) *27.09.1692, +27.09.1763, burgerl.
böckh. Maister 1728 Weiß-bökh.
°°: Anna Catharina *1697, +21.05.1740, (1728 Maria Catherina)
2. °°: 08.11.1740, Catharina, Riederin, *1699, +19.10.1743,
Wittib aus Sierndorf,
3. °°: 17.01.1744, Maria Magdalena Weckher, *1722, +11.09.1744
4. °°: 13.06.1745, Magdalena *1722, +01.04.1772, geb. Rochin
aus Engelmannsbrun.
1764 – 1791 Thulner, Joseph, *1757, +06.11.1791, Bäckermeister aus Unterhollabrunn
Pistor – Bäcker SI Nr. 39.
°°: 31.01.1764, Magdalena *1722, +01.04.1772, Würth, Wittib,
2. °°: Anna Maria, * 1752, Montlerin aus Obermalebern,
„Anno 1779 würdet dem Joseph Thullner erlaubet hinter sein Hauß auf der Gemain Waith ein Keller zu graben. Darvor er bezalt ein Eimer Wein und ein Hauß Laab Brodt. Hingegen sein Nachkommer nach absterben mueß allezeit bey der Gemain solches leßen, und bezallen.“
1791 – Thullner Anna Maria, Witib durch Ablöse um 1.600 fl.
1792 – 1796 Oelerer, Joseph, Bäckermeister, SI Nr. 39
°°: Barbara, Moserin aus Kammerstorf, [EL 1792, 94, 96,]
1796 – 1806 Tullner, Adam, *1777, +15.07.1806, Bäckermeister, SI Nr. 39.
Durch Kauf um 1.600 fl.
°°: Johanna, *1778, +11.01.1806, Hirschin aus Mistelbach.
1806 – Tullner Adam, Witwer. Durch Ablöse um 3.000 fl.
1806 – Tullner Anna, durch Erbschaft um 6.360 fl.
1806 – Steindl Adam, durch Kauf um 13.200 fl.
1807 – Bogendorfer, Franz Seraphim, Bäckermeister, SI Nr. 39.
Durch Kauf um 11.400 fl.
°°: Anna Maria, Dachlerin aus Bruderndorf.
1815 – 1819 Grünling, Gottlieb, *1772, +12.03.1819, burgerl. Bäken Meister SI Nr. 39.
Durch Kauf um 12.000fl.
°°: Rosalia.
1819 – 1830 Brandmayer, Leopold, *1793, Bäker Meister, SI Nr. 39.
Durch Kauf um 14.000 fl.
°°: 21.04.1819, Josepha, *1792, Bard, (Baro) aus Nieder Rusbach
1830 – 1841 Bauer Karl, Bäckermeister aus Lengenfeld, SI Nr. 39.,
Durch Kauf um 4.200 fl samt Bäckergewerbe.
°°: Josepha, May, aus Oberhollabrunn.
1835 – 1842 8 Mailler Gottlieb, Bäckermeister, aus Kaiserebersdorf, SI Nr. 39.
Durch Kauf um 4.720 fl samt Bäckergewerbe.
°°: Franziska, *1811, +25.03.1842, Burscher aus Feldsberg.
1845 – *) Floderer, Karl, *1820, Bäckermeister, SI Nr. 39.
°°: 06.07.1845, Theresia, *1819, Matzinger aus Ebersdorf.
1846 – *) Pischof Josef, Bäckermeister, 1846, Pächter des Bäckergewerbes, SI Nr. 39.,
°°: Elisabeth, geb. Pachel.
1848 – *) Pötzelsberger Karl, Bäckermeister, aus Schwadorf, SI Nr. 39.
°°: Anna, geb. Derbitz aus Teesdorf.
1836 – 1845 Schiegl, Anton, *1802, +02.08.1876, Bäckermeister und Hofwirt, Haus und
Wirtschaftsbesitzer, SI Nr. 39. 1836 Bäckergewerbsbesitzer in SI Nr. 47.
Durch Kauf um 4.400 fl.
°°: Johanna, *1805, +11.03.1856, geb. Kaufmann aus Sierndorf.
1845 – 1876 Schiegl, Anton, Durch Übernahme um 4.400 fl. nach Ehescheidung.
1876 – Schiegl Lambert, *15.08.1838, Bäckermeister und Wirtschaftsbesitzer SI Nr. 39.
Durch Übernahme.
°°: Sdf. 20.11.1876, Josefa, *05.11.1844, geb. Wilfing aus SI Nr. 53.
1906 – 1934 Bichler Michael, *Bärndorf 28.09.1869, Bäckermeister SI Nr. 39.
°°: Perchtoldsdf 28.10.1894, Wilhelmine *Brün 18.07.1867. geb. Trmal,
1934 – Bichler Wilhelmine, Witwe.
1939 – Bichler Karl.
°°: Marie.
1957 – Steinacker Rudolf, Bäckermeister
°°: Herta.
19xx – Angenbauer Walter. Umwandlung in ein Verkaufslokal der Guntersdorfer
Bäckerei mit Kaffee.
1http://www.baeckerhandwerk.de/baeckerhandwerk/geschichte/ (Abgerufen am 4.7.2014).
2NÖLA; Alte Gült, VUMB 76 / 35, Fol 13ff
3Jüthner Kurt & Veronika, 700 Jahre Pfarre Sierndorf, Marktgemeinde Sierndorf, 2013 S121.
4Wiener Diarium v. 20. Juni 1792. S 1735. Aus ANNO OeNB.
5Wiener Zeitung v. 3. Jänner 1835. S 9. Aus ANNO OeNB.
6Wiener Zeitung v. 27. Februar 1847. S. 297. Aus ANNO OeNB
7Geschichte der Pfarre Sierndorf Bd. I. S 11.
8*) Allem Anschein nach erwarb Anton Schiegl das Bäckergewerbe, ohne es selbst auszuüben, er war Hofwirt. Folglich wird er das Gewerbe weiter verpachtet haben. Unterstützt wird das durch das Erscheinen von Bäckermeistern als Besitzer, während er im Fassions- und Gedenkbuch der Gemeinde als Inhaber geführt wird. Das bestätigen auch Anzeigentexte in der Wiener Zeitung. In diesen bietet er die Verpachtung der Bäckerei an.