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Abdecker, Wasnerei beim Grummethof

Erste Erwähnungen

Neben dem Grummethof Richtung Hatzenbach bestand eine Wasnerei, ein Abdecker. Die ersten Nennungen geben 1680 noch „Laydersdorf“, ein abgekommenes Dorf in der Umgebung von Stockerau als Standort an, als Nächstes wird die Krautmühle, die spätere Maschinenfabrik Heid, genannt. Ende des 19. Jh. wurden Hatzenbach und Leitzersdorf als Standorte angegeben, in diesen Fällen wurde das Senningbachtal als Betriebsort bestätigt. Sehr wahrscheinlich ist, dass auch die Angaben vor 1691 bereits die Wasnerei beim Grummethof bezeichneten. In Dokumenten erscheint die Wasnerei kaum, Rückschlüsse sind vorwiegend über historische Landkarten und Eintragungen in den Pfarrmatriken möglich. Wie andernorts, wird auch dieser Betrieb am Beginn der Neuzeit Anfangs des 16. Jahrhunderts entstanden sein. Um 1939 wurde der Betrieb eingestellt, 1947 waren auch die Gebäude nicht mehr vorhanden.

Auf die Standorte weisen oft Orts- oder Riedbezeichnungen, wie zwischen dem Grummethof und Hatzenbach – Schinderberg – hin. In historischen Landkarten sind die Gebäude eingetragen. Auf Grund der Geruchsentwicklung, wie auch aus hygienischen Rücksichten, war diese Tätigkeit auf abgelegene Orte angewiesen, dazu kam, dass das Ansehen des Gewerbes sehr gering war. Die damaligen hygienischen Bedingungen brachten auch hohe gesundheitliche Gefahren, wie beispielsweise Milzbrand, mit sich.

Aufgaben

Die Wasenmeister oder Schinder waren im Auftrag der Behörden, im Fall des Grummethofes der Herrschaft Sierndorf, für die Entsorgung von Tierkadavern und die Verwertung kranker Tiere zuständig. Sie verfügten über ein Bannrecht, einen festgelegten Zuständigkeitsbereich. Alle verendeten und für den menschlichen Genuss ungeeigneten Tiere mussten dem zuständigen Wasenmeister entgeltlos überlassen werden. Zu ihren Aufgaben gehörte es auch, herumstreunende Hunde im obrigkeitlichen Auftrag zu fangen und zu töten. Da konnte es schon vorkommen, dass den Abdeckern unterstellt wurde, dass sie auftretende Tierseuchen wie Tollwut durch Zauberei herbeigeführt hätten, um ihr Geschäft zu heben. Durch ihre Tätigkeit verfügten die Wasenmeister über umfangreiches Wissen, besonders der Anatomie. Am Ende des Mittelalters und zu Beginn der abergläubischen Neuzeit spielten magisch-kultische Heilmethoden eine große Rolle, wobei versucht wurde, mit magischen Formeln und Zaubersprüchen Genesungen herbeizuführen. Viele Abdecker erwarben sich Wissen in der Kräuterheilkunde und stellten bis in das 20. Jahrhundert Heilmittel her, vorwiegend für Tiere, welche bei der einfachen Bevölkerung auch für Menschen Verwendung fanden. Eben für sogenannte „Rosskuren“. Gegen Entgelt übernahmen sie auch krankes Vieh zur Pflege. Als fachkundige Helfer bei Tiergeburten wurden sie oft den ausgebildeten Tierärzten vorgezogen. Ob die Ursache die geringeren Kosten oder das höhere Vertrauen in die fachliche Qualifikation war, sei dahingestellt.

Verwertbare Teile lieferten sie an die Seifen-, Leim-, Salpetersieder und Gerber, Reste wurden vergraben [1]. Teilweise verarbeiteten die Wasner die von ihnen gewonnenen Rohstoffe selbst weiter, gerbten die Häute und stellten daraus Riemen, Leinen und Lederschnüre her oder flochten Peitschen. Rosshaar fand als Füllmaterial für Polsterungen Verwendung. Ausgelassenes Hundefett war in der Heilkunde bis in das 20. Jahrhundert für Salben bei Lungenleiden gesucht. Auf bei Tierseuchen gefallene oder zu tötende Tiere hatte der Abdecker nur Anspruch, wenn keine anlassbezogenen, speziellen Vorschriften, wie sofortiges Vergraben oder Verbrennen, festgesetzt wurden.

Berufsethos

Wie die Scharfrichter wurden die Abdecker aus den Orten verbannt und oft mit zwielichtigen Personen, Wilderern, Schwarzbrennern, Prostituierten und Räubern in Verbindung gebracht. So stammte der gefürchtete Räuberhauptmann Johann Georg Grasl aus einer Abdeckerfamilie. Bis in das 19. Jh. zählten die Abdecker zu den „unehrlichen“ Berufen. Das bedeutete, dass sie gesellschaftlich gemieden wurden und keine Zünfte bilden durften. Mit der Rechtschaffenheit der Personen hatte das nichts zu tun. Da sie Ehepartner beinahe ausschließlich bei Wasenmeistern, Scharfrichtern und Totengräbern fanden, waren sie meist über weite Gebiete miteinander verwandt. Des Öfteren war der Schafrichter gleichzeitig auch Schinder. So scheint als Taufpate von Josef Mohr, dem Textdichter des Weihnachtsliedes „Stille Nacht, Heilige Nacht“ – seine Mutter lebte im Armenhaus und hatte mehrere ledige Kinder – Franz Joseph Wohlmuth, Abdecker und Scharfrichter, auf.2 Auch für ihre Nachkommen bestanden kaum Möglichkeiten, ein „ehrliches“ Gewerbe auszuüben. Nur wenige schafften einen Ausbruch, indem sie ihre Tätigkeit als Abdecker beendeten und sich der Tierheilkunde widmeten.3 Obwohl Erzherzogin Maria Theresia am 7. Mai. 1772, Wirksamkeit 1773, mit einem Reichsgesetz versuchte, die Abdecker von der Last der „Unehrlichkeit“ zu befreien,4 fand eine Besserstellung, welche eine Annäherung an die dörfliche Gesellschaft mit sich brachte und das Berufsethos anhob erst im 19. Jahrhundert statt. Tatsächlich haftete den Wasnern bis zum Ende ihrer Funktion um die Mitte des 20 Jh. ein geringes Ansehen an. Der Begriff Wasenmeister bestand in der Schweizer Gesetzgebung bis in die 2000er Jahre, in Luxemburg soll er noch immer Gültigkeit haben.

 

Aus den Matriken der Pfarren

Die angeführten Daten geben nur das Erscheinen in den Matriken der Pfarren Leitzersdorf, Sierndorf und Stockerau, nicht die reale Dauer der Tätigkeit wieder. Angaben nach 1932 gehen auf Informationen früherer Bewohner des Grummethofes zurück.

 

Zur Darstellung der Bezeichnungsentwicklung wurde die Schreibweise weitgehend aus den Eintragungen übernommen.

 

1680 – 1687 Jadmann Georg, led. Abdeckher bey den Zieglhoffe bey der Krautmühle.
°°: Maria +10. März 1687.

– 1683 Pichler Sebastian, *1633, +23.9.1683; Abdeckher zu Laydersdorf.
°°: Margaretha.

1684 Droß Hans Michael, Wittiber und Abdeckher zu Laydersdorf.
°°: Sto.: 28.5.1684, Margaretha, verwitwete. Pichler.

– 1689 Fellner Lorenz, +vor 4.1689; beym Cronabethof.
°°: Maria.

1689 – 1691 Wagenhofer Andreas, wohnhaft nebst des Cronabethof.
°°: 19.4.1689, Maria, verw. Lorenz Fellner v. Cronawethof.

1698 Strobl Hans, Abdeckher beym Cronabeth-Hof.
°°: Maria.

1699 – 1732 Khern / Kehrn Wolf, *1662, +7.5.1723; Abdeckher im / beym Cronabeth Hof.
°°: Anna.

1703 Wagenhofer Christophori, Abdeckher–Knecht beym Cronabeth-Hof.
°°: Maria.

1705 Reinhardt Christophori, Knecht beym Abdeckher.
°°: Eva.

1734 Schießer Jacobi, Waßmaister beym Cronawethof.
°°: Elisabetha.

1748 Schmidt Joseph, Waßmaister im Kronabeth-Hof.

1753 Södl Jacobi, Waaßmaister im Kronabeth-Hof.
°°: Eva.

1755 Litzlhammer Sebastian, Waaßmaister-Knecht im Kronabeth-Hof.
°°: 10.6.1755, Theresia, geb. Weingast, Tochter des Scharfrichters in Türnau.

1755 – 1757 Hofstätter Antony, Waaßmaister im Kronabeth-Hof.
°°: Anna? Barbara.

1759 – 1764 Träxler Jacobi, *1733, +13.11.1764, lediger Waaßmaister im Cronabeth-Hof.
°°: 3.7.1759, Elisabeth, verw. Gillimayr aus Eggenburg.


 

1769 – Scheidl / Schreidl Joseph, lediger Waßmeist aus Kammersdorf.
°°: 23.1.1769, Elisabeth, *1729, + 28.6.1771, geb. Deimblin,
verwitwete Träxler.

– 1779 Aubele, Michael, +16.3.1779; Waßmeister im Kronabethhof.

1781 – 1824 Deim / Deimb Andreas +29. 3. 1824, Wasenmeister auf dem Kronabethof / Grumethof. [Josephinsche Fassion 1787, Fol. 90.]
°°: Katharina *1761, +12. März 1827, geb. Schmidin.

1806 – 1815 Deim Michael, *1785, Wasenmeister auf dem Grummethof
°°: 27.5.1806, Anna Maria, *1783, geb. Habirk / Habit aus Pottendorf.

1815 Bittdorfer Johann, ein Wasenmeister am Grummethof
°°: Elisabeth, geb. Deim.

1825 – 1852 Wessely Josef, *1795, +8.9.1852, Wasenmeister am Grummethof / Kronawet.
°°: Theresia, *1797, +2.1.1864, geb. Deim v. Grumethof.

1856 – 1909 Auberle Johann, *1836, +05.11.1909, Wasenmeister in Hatzenbach 24, Kronabethof. Wird 1865 im NÖ Amtskalender als Wasenmeister genannt.
°°: 30.10.1855 Barbara, *1833, +12.11.1913; geb. Edhofer.

– 1932 Auberle Johann, *11.06.1857, +09.10.1932. Lediger Wasenmeister im Grummethof.

– 1939 Im Amtskalender 1885 wird als einer von vier Wasenmeistern im Gerichtsbezirk Stockerau Johann Auberle in Leitzersdorf genannt. Das Unternehmen wird in der Familie weitergegeben worden sein. Carl Auberle wird 1885 als Wasenmeister in Würnitz angegeben, 1925 erscheint Johann Auberle auch als Geschäftsführer der Würnitzer Wasnerei. Frau Hilde Huto ist der Wasenmeister Auberle noch 1938 in Erinnerung. Die Kinder des Grummethofes und der Wasnerei spielten oft gemeinsam. 1948 war der Betrieb nicht mehr vorhanden.5

[1] http://woerterbuchnetz.de/Meyers/?sigle=Meyers&mode=Vernetzung&hitlist=&.... Abgerufen 4.11.2014.

2http://www.salzburg.com/wiki/index.php/Abdecker, abgerufen 7.3.2015.

3Wurm Rebecca; Stigma und Charisma des Schinders; Diss. Uni.Wien 2010.

4Patent v. 7.5.1772, Regensburg, Staatl. Bibliothek, 999/4 Jur.1597.

5Freundliche Mitteilung Fr. Eva Harrauer.